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2004 wurde die damals noch eigenständige Stadt Gernrode Mitglied im Regionalverband Harz. Wer Gernrode mit der Bahn erreichen und die Fahrkarte im Internet kaufen möchte, wird zunächst aufgefordert, sein Reiseziel näher zu spezifizieren. Seit im Jahr 1885 die Bahnstrecke Frose - Ballenstedt Schloß (später: Ballenstedt West) bis nach Quedlinburg verlängert wurde, ist die Stadt am Nordharzrand mit der Eisenbahn erreichbar. Bereits zwei Jahre später nahm die Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn-Gesellschaft (GHE) den regelmäßigen Zugverkehr nach Mägdesprung auf (älteste Schmalspurbahnstrecke des Harzes). Im Juli 2004 legte die Deutsche Bahn die Strecke Frose - Quedlinburg still. Nach umfangreichen Umbaumaßnahen von Normal- auf Meterspur fahren aber glücklicherweise seit 2006 Züge der Harzer Schmalspurbahnen bis nach Quedlinburg. Eine Verwechslungsmöglichkeit des Reiseziels bestand, als 1867 auch Gernrode im Eichsfeld Eisenbahnanschluss erhielt. Um Bahnkunden die Unterscheidung zu erleichtern, heißt der dortige Bahnhof jedoch Gernrode-Niederorschel.
Das am Nordharzrand im Landkreis Harz gelegene Gernrode hat ca. 3.800 Einwohner und ist seit 2014 ein Ortsteil der Stadt Quedlinburg. Historisch war das Gemeindegebiet Teil zweier Länder des Deutschen Reiches. Während Bad Suderode, Friedrichsbrunn und Stecklenberg zu Preußen (Kreis Quedlinburg) gehörten, wurden Gernrode und Rieder zuletzt von Dessau aus regiert (Kreis Ballenstedt im Freistaat Anhalt). In der Zugehörigkeit zum Kirchenkreis Ballenstedt der Evangelischen Landeskirche Anhalt lebt diese Geschichte fort. Der Verlauf der ehemaligen Landesgrenze, der heutigen Gemarkungsgrenze von Gernrode, ist noch ohne größere Schwierigkeiten in der Natur erkennbar. Im Norden wird sie markiert vom Wegehaus an der L 242 Richtung Quedlinburg, vom Lethturm und dem Landgraben. An der Drei-Bogen-Brücke erklärt eine Informationstafel des Regionalverbandes Harz die historischen Zusammenhänge. Von dort aus verläuft dann die Themenroute "Historische Grenzen" vorbei am Gasthaus Bückemühle hinauf auf die Düsteren Berge, zum Anhaltischen Saalstein, zum Naturschutzgebiet Spaltenmoor, vorbei am anhaltischen Forsthaus Wegeners Kopf bis zum Ferienpark Merkelbach westlich des Bergrat Müller Teiches. Von dort ist es nicht weit zur höchsten Erhebung in der Gemarkung Gernrode, zur 581,5 m über dem Meeresspiegel gelegenen Viktorshöhe. Früher befand sich dort ein Gasthaus, später ein Ferienheim. Heute ist die Viktorshöhe Standort einer Mobilfunkantenne und so bei klarer Sicht schon weit aus dem Harzvorland heraus lokalisierbar. Bewegt man sich aus dem Harzvorland näher auf Gernrode zu, so fällt einem zuerst das imposante Gebäude auf dem Stubenberg ins Auge. Es wurde 1915 als Hotel an der Stelle errichtet, wo sich einstmals ein Jagd- und Lusthaus des Fürsten VICTOR FRIEDRICH VON ANHALT-BERNBURG befand. Wie das berühmte Ferienheim "Fritz Heckert", wurde es später ein Ferienheim der DDR-Einheitsgewerkschaft FDGB. Heute befindet sich in dem Gebäude auf dem Stubenberg ein Hotel mit Restaurant- und Café-Betrieb. Besuchenswert ist außerdem der ehrwürdige Bau der Stiftskirche St. Cyriakus, eine Station der Straße der Romanik.
Als Sohn des dem sächsischen Hochadel angehörenden THIETMAR VON MERSEBURG dehnte Markgraf GERO den Einfluss des deutschen Feudalstaates weit über Elbe und Saale hinaus in slawisches Gebiet aus. In den erbitterten Kämpfen verlor er 959 seinen gleichnamigen jüngeren Sohn. Es soll der Anlass gewesen sein für die Gründung eines Damenstifts in der Burg Geronisroth. Als erste Äbtissin setzte der Markgraf seine Schwiegertochter HATHUI ein. Um diese Zeit muss auch mit dem Bau der Stiftskirche begonnen worden sein, denn bereits 965 wurde der Markgraf in ihrem Ostteil bestattet. Wohl unter dem Einfluss von THEOPHANU, Nichte des byzantinischen Kaisers und Gemahlin von Kaiser OTTO II., erfolgten im 12. Jh. bauliche Veränderungen wie die Einfügung einer Empore. Obwohl es auch im 19. Jh. noch Veränderungen gab, ist mit der Stiftskirche im Wesentlichen ein hervorragendes Bauwerk des 10. Jh. überliefert wurden. 1149 wurde ALBRECHT DER BÄR Schutzvogt des Stifts.
Bis zum Ende der Abtei 1616 waren es dann auch überwiegend die Askanier, die das Damenstift zu schützen und die weltliche Gerichtsbarkeit über Stift und den Ort auszuüben hatten. Die Äbtissinnen hatten die Hoheit über das Dorf Gernrode. Äbtissin ANNA I. von Plauen ließ 1533 das erste Schulgebäude bauen und verlieh dem Flecken sechs Jahre später auch das Recht Siegel und Wappen zu führen. Der Löwe im heutigen Stadtwappen geht so auf das Wappentier der Reußen von Plauen zurück. Gernrode fiel 1696 an Anhalt-Harzgerode. Endgültig dem anhaltischen Fürstenhaus übertragen wurde das ehemals reichsunmittelbare Stift aber erst 1728 durch Kaiser KARL VI. Der Stiftsbezirk wurde 1832 in eine Domäne umgewandelt. Unter der landwirtschaftlichen Nutzung erlitt die Stiftskirche schwere Schäden. 1859 wurde mit ihrer Restaurierung begonnen.
Auf dem Kirchhof finden wir eine als Naturdenkmal geschützte Elsbeere Sorbus torminalis. Die Elsbeere ist ein heimischer Waldbaum, der lange gerade Stämme von guter Holzqualität bildet. Ihren Früchten wird heilende Wirkung nachgesagt. In den Laubwäldern des FFH-Gebiets "Burgesroth und Laubwälder bei Ballenstedt" finden wir sie auf fruchtbareren Standorten der Plateaulagen eingestreut.
Weiterhin sehenswert sind in der Stadt das 1914/15 im Stil des Historismus erbaute Rathaus, das Museum "Alte Elementarschule", die zu einer Schule umgebaute Stephanuskirche oder die Harzer Uhrenfabrik mit einer der größten Kuckucksuhren der Welt. In der Umgebung gibt es eine ganze Reihe Erholungsmöglichkeiten und Ausflugsziele. Besonders erwähnenswert sind das Waldbad Osterteich, das Sternhaus, der Campingplatz Bremer Teich mit dem unweit zu entdeckenden Bärendenkmal, die Teufelsmühle am Ramberg oder der Bückeberg mit einem interessanten Muschelkalkaufschluss. Die beiden letztgenannten Ziele sind Geopunkte des Geoparks. Die Gemarkung Gernrode liegt zudem vollständig im Naturpark Harz/Sachsen-Anhalt. Als dessen Träger hat der Regionalverband Harz vielfältiges Informationsmaterial herausgegeben. Dazu gehören das Faltblatt der Landmarke 15 sowie Faltblätter aus den Serien "Natur erleben an der Straße der Romanik", "Natur erleben am Weg Deutscher Kaiser und Könige", "Natur erleben an den Harzer Schmalspurbahnen" und der Tourführer "Harz grenzenlos. Entlang historischer Grenzwege durch Natur und Geschichte".
von Dr. Klaus George
