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ILSENBURG

Parkanlage an der Harzburger Straße in Ilsenburg © Dr. Klaus George
Parkanlage an der Harzburger Straße in Ilsenburg © Dr. Klaus George

Ist Ilsenburg Nationalparkgemeinde oder ein bedeutender Industriestandort? Oder ist die in der heutigen Form so seit 1. Juli 2009 bestehende Stadt mit ihren Ortsteilen Ilsenburg, Darlingerode und Drübeck Natur- und Geoparkgemeinde? Nein, so kann man die Fragen nicht stellen! Im Fall Ilsenburg gibt es kein Entweder-Oder. Ilsenburg hat den Spagat geschafft, zugleich ein bedeutender Industriestandort zu sein und glaubhaft als Erholungsort für sich werben zu können.

Gemeinden, deren Gebiet im Nationalpark Harz liegen oder unmittelbar an diesen angrenzen, können die Bezeichnung "Nationalparkgemeinde" führen. So regeln es die Gesetze über den Nationalpark Harz in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wortgleich. Ilsenburg, im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt gelegen, hat von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Von dort, wo Ilsenburg an die Gemeinde Nordharz mit dem Ortsteil Stapelburg angrenzt, vorbei an der westlichen Grenze der Bebauung, ein kleines Stück das Ilsetal hinauf und dann weiter Richtung Ilsestein und Gasthaus Plessenburg: Alles was westlich von dieser Route liegt ist Nationalpark. Mit dem Nationalpark wirbt man, auf den Nationalpark ist man besonders stolz. Seltener hingegen ist die Rede vom Naturpark Harz oder vom Geopark, obwohl doch Ilsenburg mit allen seinen Ortsteilen zur Gänze im Natur- und Geopark liegt. Woran mag es liegen? In einer umfangreichen Arbeit hatte sich V. RUSCHKOWSKI (2010) mit Ursachen und Lösungsansätzen für Akzeptanzprobleme von Großschutzgebieten befasst. Seiner Studie lag auch eine Befragung zu Grunde, die Überraschendes ergab: 51,2 % der in der Harzregion Interviewten gab an, einen Mitarbeiter des Nationalparks persönlich zu kennen! Mit diesem Kapital kann der Regionalverband Harz als Träger von Natur- und Geopark natürlich nicht wuchern, denn er hatte zu dieser Zeit gerade einmal vier Mitarbeiter. Dabei ist der gegenwärtig als Naturpark geschützte Teil des Harzes mit 245.055 ha Fläche etwa zehnmal größer als der Nationalpark. Die Wahrscheinlichkeit, einen Mitarbeiter des Natur- und Geoparks zu kennen ist also ungleich geringer, als die Wahrscheinlichkeit einem der zahlreichen Bediensteten der staatlichen Nationalparkverwaltung zu begegnen und an dessen Dienstbekleidung auch als solchen zu erkennen! Dennoch, die Stadt Ilsenburg unterstützt auch den Natur- und Geoparkträger: Seit 2005 ist die Tourismus Ilsenburg GmbH, an der die Stadt maßgeblich beteiligt ist, Fördermitglied im Regionalverband Harz.

"In Silber auf grünem Boden zwischen zwei grünen Laubbäumen ein rotes Burgtor; über dem Torbogen ein kleiner goldener Schild mit einem schwarzen Hirsch." So ist das Stadtwappen in GRÖSCHLER (1985) beschrieben. Es erzählt uns etwas zur Geschichte der Stadt, die als Flecken Ilsenburg bereits 1609 ein entsprechendes Siegel führte. Damals hatten sich die Grafen von Stolberg-Wernigerode in den Gebäuden des früheren Klosters eine Wohnung eingerichtet. Graf CHRISTOPH II. verwaltete die Klosteranlage, die seit dem Bauernkrieg 1525 arg in Mitleidenschaft gezogen und infolge der Reformation 1545 in den Besitz der früheren Vögte übergegangen war. Es ist also der Hirsch aus dem Wappen des Hauses Stolberg, den das Stadtwappen zeigt. Die Burg Ilsenburg hatte bereits 998 Kaiser OTTO III. dem Halberstädter Bischof ARNULF zur Gründung eines Benediktinerklosters überlassen. Der mit Verwaltung sowohl des in königlichem Besitz verbliebenen erheblichen Grundbesitzes als auch mit dem Schutz des Klosters Beauftragte ließ auf dem Ilsestein eine weitere Burg errichten, die jedoch bereits einhundert Jahre später 1107 auf Geheiß des Papstes völlig zerstört wurde. Erst danach konnte der bis nach Anhalt und bis in die Altmark reichende Klosterbesitz geordnet werden, und es setzte eine umfangreiche Schreib- und Kunsttätigkeit des Konvents ein. Klostervögte waren zunächst die Edelherren von Veckenstedt, dann die Grafen von Wernigerode und später deren Erben, die Grafen von Stolberg-Wernigerode (SCHWINEKÖPER 1987). In der Nähe des Klosters entwickelte sich ein kleines Dorf, das als Flecken bald einige städtische Aufgaben übernahm. 1546 entstand ein Hüttenwerk mit zwei Hochöfen, das 1667 vom russischen Zaren PETER I. besichtigt wurde. Bedeutsam waren daneben der Messinghandel und eine Vielzahl von Mühlen, die die Wasserkraft des Flüsschens Ilse nutzten (vgl. PIEGSA 2010). Graf BOTHO VON STOLBERG-WERNIGERODE ließ die Klosterschule 1862 in einen romantischen Wohnsitz umbauen. Im Jahr 1884 erhielt Ilsenburg Bahnanschluss und seitdem entwickelte sich auch der Fremdenverkehr zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig. Noch ehe Ilsenburg 1959 das Stadtrecht erhielt, wurde der Ort 1947 zum Luftkurort erklärt.

Für den Tourismus von größter Bedeutung ist die Nähe zum Brocken, der allerdings auf dem Territorium der Nachbarstadt Wernigerode liegt. Unter den vielen berühmten Persönlichkeiten, die den "deutschesten" aller Berge bestiegen hatten, war kein Geringerer als HEINRICH HEINE. Seinen Namen trägt der Weg, der in Ilsenburg beginnend, mit einer Länge von 13 km und vielen Informationstafeln eine der anspruchvolleren Brockenbesteigungen darstellt. Eine Wanderung zum Brocken lässt sich aber auch abkürzen, indem man mit 2 PS auf einem Kremser bis zur Nationalpark-Rangerstation am Scharfenstein fährt (Stempelstelle Nr. 2 der Harzer Wandernadel). Von dort gelangt man nicht nur über den "Hirtenstieg" zum 1.141 m hohen Gipfel, sondern auf dem "Harzer Grenzweg" in entgegengesetzter Richtung auch zur Eckertalsperre. Von dort wiederum können wir dem "Weg Deutscher Kaiser und Könige des Mittelalters" folgend über "Kruzifix" (Schutzhütte mit Stempelstelle Nr. 3 der Harzer Wandernadel) und durch das Große Sandtal zurück nach Ilsenburg gelangen. Der "Weg deutscher Kaiser und Könige", den der Regionalverband Harz im Faltblatt "Vom Kaiserweg zur Pfalz Bodfeld" beschrieben hat, führt dann weiter entlang des "Mönchs- oder Pfenninggrabens" - der historischen Wasserversorgung für das Kloster Ilsenburg - durch das Klosterholz in Richtung Gasthaus Öhrenfeld. Hier am Ausgang des Tänntals aus dem Harz haben wir bereits das Gebiet der bis 2009 eigenständigen Gemeinde Drübeck erreicht.

Auch in Drübeck befand sich ein Kloster in Schutzherrschaft der Grafen von Wernigerode. Lange zuvor, im Jahr 980, ging das vor allem Damen des sächsischen Hochadels offen stehende Benediktinerinnenkloster in königlichen Besitz über, wurde aber später von den Halberstädter Bischöfen in einem Tauschgeschäft erworben. Nach der Reformation wandelten es die Grafen von Stolberg-Wernigerode in ein evangelisches Damenstift. Bis 1945 gab es hier noch eine Äbtissin und einige Stiftsdamen. Beide Klöster, Drübeck und Ilsenburg, sind hervorragende Zeugnisse romanischer Baukunst und deshalb auch Stationen der "Straße der Romanik". Weiterführende Informationen bietet das Faltblatt "Im Zeichen des Uhu. Zwischen Regenstein und Ilsestein" aus der Reihe "Natur erleben an der Straße der Romanik", 2006 herausgegeben vom Regionalverband Harz.

Ilsenburg mit seinen beiden Ortsteilen lohnt ein Besuch zu allen Jahreszeiten. Tagungsmöglichkeiten mit bis zu 100 Personen bieten das Landhaus "Zu den Rothen Forellen" und das Evangelische Zentrum Kloster Drübeck. Vielfältige Veranstaltungen gibt es in der Harzlandhalle zu erleben.

Die im Jahr 1530 von Graf BOTHO III. ZU STOLBERG-WERNIGERODE gegründete heutige "Fürst Stolberg-Hütte" stellt immer noch hervorragende Kunstgusserzeugnisse her. Die spannende Industriegeschichte und die Stadtgeschichte sind in den Ausstellungen des Hütten- und Technikmuseum aufbereitet. Die nicht minder spannende Erdgeschichte lässt sich allerdings am besten in der Natur erleben. Hilfreicher Begleiter ist dabei das Faltblatt der Landmarke 4 "Brocken" aus der Geoparkserie des Regionalverbandes Harz.

von Dr. Klaus George

Quellen:

GÖSCHEL, H. (Hrsg., 1985): Lexikon Städte und Wappen der Deutschen Demokratischen Republik. 3. Aufl.; VEB Bibliographisches Institut, Leipzig.

PIEGSA, G. (2010): Die Vogelmühle in Ilsenburg. Der Harz 3/2010: 7-8.

VON RUSCHKOWSKI, E. (2010): Ursachen und Lösungsansätze für Akzeptanzprobleme von Großschutzgebieten am Beispiel von zwei Fallstudien im Nationalpark Harz und im Yosemite National Park. Ibidem-Verlag, Stuttgart.

SCHWINEKÖPER, B. (Hrsg., 1987): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Bd. 11: Provinz Sachsen/Anhalt. 2., überarbeitete und ergänzte Aufl.; Alfred Kröner Verlag, Stuttgart.


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