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Thema: Natur erleben und entdecken
"Nichts hinterlässt einen tieferen Eindruck als das persönliche Erleben in freier Natur". Dieses Zitat von Professor HEINZ SIELMANN (1917-2006) kann als Grundgedanke des diesjährigen Naturparkwettbewerbs begriffen werden. Dass es gerade für Kinder und Jugendliche wichtig ist sich in der Natur zu beschäftigen, gewinnt angesichts des Einzugs von Fernseher und Computer in viele Kinderzimmer zunehmend an Bedeutung. Dabei geht es keinesfalls allein um die ausgleichende Bewegung. Sie soll vielmehr verbunden sein mit Naturerleben, mit dem Kennenlernen der Heimat und der Identifizierung mit ihr. Wie können Kinder und Jugendliche die Natur besser kennen lernen und dadurch ihr Umweltbewusstsein weiter entwickeln? Diese Frage griff der Regionalverband Harz e. V. bei der Auswahl des Themas für den Naturparkwettbewerb 2011 auf.
Umso weniger Naturerleben Bestandteil des Familienlebens ist, umso mehr sind schulische und außerschulische Lernorte gefragt. An sie richtete sich der Wettbewerb. Für die Jury, die nach einer Sichtung der zahlreichen Bewerbungen die sieben aussichtsreichsten Absender besuchte, war es keine leichte Aufgabe, den Gewinner zu ermitteln. In die engere Wahl kamen neben vereinsgetragenen Einrichtungen, Kindertagesstätten und Jugendwaldheime. Letztere sind im Betreuungsforstamt Harz Einrichtungen des Landeszentrums Wald Sachsen-Anhalt. Den Naturparkpreis 2011 - eine Kunstgussplakette aus der traditionsreichen Fürst-Stolberg-Hütte in Ilsenburg - erhielt das Jugendwaldheim "Wildenstall" bei Wippra im Landkreis Mansfeld-Südharz. Erstmalig wurden auch zwei Sonderpreise vergeben. Der Förderverein Ökogarten Quedlinburg und die Kindertagesstätte "Pfiffikus" Bennungen in der Gemeinde Südharz wurden ausgestattet mit je einem Satz Naturpark-Entdeckerwesten, bestehend aus je einer Erwachsenen- und 16 Kinderwesten mit reichlich Equipment für Naturstudien. Hergestellt wurden sie in Umsetzung eines Modellvorhabens des Verbands Deutscher Naturparke unter Beteiligung des Naturparks Harz und mit Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Jugendwaldheim "Wildenstall" bei Wippra
Zwischen Wippra und Sangerhausen liegt in einem großen geschlossenen Waldgebiet das Jugendwaldheim mit dem eigentümlichen Namen "Wildenstall". Als "Wilde" wurden einstmals Pferde bezeichnet. Der Name geht also zurück auf die frühere Pferdezucht am abgelegenen Ort. Seit 1998 wird das ehemalige Forst- bzw. Jagdhaus als Jugendwaldheim genutzt. Unter Anleitung von zertifizierten Waldpädagogen arbeiten und lernen Jugendliche aller Schulformen in den umliegenden Wäldern. Dazu werden Arbeitsgruppen von sechs bis acht Schülern gebildet. Wichtig für die Schüler ist, dass sie Werte schaffend arbeiten und nicht das Gefühl haben, lediglich beschäftigt zu werden. Das Arbeitsspektrum reicht vom Saatgutsammeln über das Pflanzen von Laub- und Nadelbäumen, sowie von der Waldpflege bis zur Aufbereitung und Nutzung des Holzes als Energielieferant für die hauseigene Holzheizung. Neben der Aufgabenerfüllung soll auch die Teamfähigkeit in den Arbeitsgruppen gefördert werden. Während des fünftägigen Aufenthalts wird jeweils bis mittags gearbeitet. Die Nachmittage sind für Freizeitaktionen vorgesehen. Projekte rund um den Wald, Ausflüge in die nähere Umgebung, Exkursionen im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, Vorträge oder Aktivitäten auf dem großzügigen Freigelände stehen dann auf dem Programm. Zum Konzept gehört auch, dass die Schüler am Abreisetag Zimmer und Sanitäreinrichtungen selbst reinigen. Ein sechsköpfiges Team betreut die Jugendlichen während der Arbeitseinsätze. Zwei Mitarbeiterinnen kümmern sich in der Küche um das leibliche Wohl. Die sehr gute Auslastung des seit seiner Gründung von Harald Schreier geleiteten Jugendwaldheims spricht für sich. Die Qualität des außerschulischen Lernortes ist auf hohem Niveau und der Aufenthalt dort für die Jugendlichen ein besonderes Erlebnis. C. L.
Weitere Wettbewerbsbeiträge:
Ökogarten Quedlinburg
Unweit des Brühlparks am westlichen Stadtrand von Quedlinburg befindet sich der Ökogarten. Er besteht seit 1992 und ist seither stetig gewachsen. Was zunächst eine kahle Fläche war, wurde nach und nach zum Garten gestaltet. Viele Kinder und Jugendliche haben unter fachkundiger Anleitung ihre Ideen eingebracht und umgesetzt. Sie legten Beete und Wege an und pflanzten Bäume, Sträucher und Stauden. So sind Themengärten und das "Grüne Klassenzimmer" entstanden. Unter dem Motto "Umweltbewusst leben - Natur spielend kennen lernen" bietet die Umweltbildungs- und Freizeiteinrichtung Projekte und Veranstaltungen hauptsächlich für Kinder und Jugendliche an. Dazu gehören Projekttage, Freizeitangebote, regelmäßige Termine für feste Gruppen oder Ferienangebote. Von B wie Backen im Lehmofen bis W wie Wasseruntersuchung an der Bode kann aus den 36 thematisch verschiedenen Projekten ein anspruchsvolles Programm ausgewählt werden. Dafür stehen zwei Gruppenräume und ca. 7.000 m² Freifläche zur Verfügung. Aber auch die nähere Umgebung, wie der Auwald im Brühlpark, die Bode oder der Trockenrasen auf der Altenburg werden in die Angebote einbezogen. Regelmäßig stattfindende Familienfeste erfreuen sich ebenso großer Beliebtheit wie das Pfingstferienprogramm "Kinderstadt Andershausen". Dann können Kinder in der Fantasiestadt leben und arbeiten und mit der stadteigenen Währung Quedel Tauschgeschäfte unternehmen. Seit 1997 ist der Förderverein Natur- und Umweltbildungszentrum Quedlinburg e. V. Träger des Ökogartens. Das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder und die Arbeit der drei festangestellten Mitarbeiterinnen sichern den Fortbestand des Ökogartens, dessen qualitativ hochwertige Umweltbildungsangebote in Quedlinburg und Umgebung nicht mehr zu missen sind.
Informationen: www.oekogarten-quedlinburg.de
Kindertagesstätte "Pfiffikus" in Bennungen
Die Kindertagesstätte "Pfiffikus" ist eine kommunale Einrichtung der Gemeinde Südharz im Ortsteil Bennungen. Forschen, begreifen und gestalten - nach diesen Grundsätzen der Fröbelpädagogik werden hier seit 2003 Kinder von 0 bis 6 Jahren ganztägig und Schulkinder nachmittags betreut. Einen hohen Stellenwert bei der Umsetzung des pädagogischen Konzepts nimmt das Thema Natur ein. Durch das Beobachten und Erkennen von Pflanzen und Tieren wird Interesse für den Naturkreislauf geweckt. Der wöchentliche Naturtag ist für die Kinder immer ein besonderes Erlebnis. Ausflüge an die Helme, in nahegelegene Waldgebiete oder auf Wiesen sind grundsätzlich mit einem bestimmten Thema verbunden. Je nach Jahreszeit werden beispielsweise Tierspuren im Schnee gesucht und bestimmt, auf unterschiedliche Vogelstimmen geachtet, Frühjahrsblüher bestaunt oder das bunte Herbstlaub betrachtet. Besonders wichtig ist der Situationsansatz. Haben die Kinder auf ihrem Weg etwas entdeckt, worüber sie gerne mehr erfahren wollen, so wird dann dieses Thema behandelt. Aber nicht nur das Beobachten der Natur ist für die Kinder von Interesse. Sie möchten auch aktiv zum Naturschutz beitragen. Auf dem Wanderweg nach Tilleda sammelten Kinder und Erzieher beispielsweise eine Woche lang den Müll auf, der dort von anderen "vergessen" wurde. In der Naturwerkstatt kann mit gesammelten Naturmaterialien gebastelt werden. Und natürlich sind Abfalltrennung, Sammeln von Altpapier usw. keine Fremdwörter für die Kinder. Einige Kinder sind stolze Juniorranger des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz. Zu den Pfiffikussen gehören momentan 48 Kinder, davon zwölf im Hortbereich. Das engagierte Team besteht aus fünf Erzieherinnen.
Informationen: Tel. 034651/2580
"Grünes Klassenzimmer" Wernigerode
Das Gelände der Landesgartenschau 2006 am nordwestlichen Stadtrand von Wernigerode findet durch die Einrichtung des Bürgerparks eine optimale Nachnutzung. Als Projekt des Harz museums gehörte das "Grüne Klassenzimmer" zu den Bausteinen der Gartenschau. Seither wird das erfolgreiche Projekt fortgeführt. Damit wird das Harzmuseum seinem Bildungsauftrag im Bereich Naturkunde gerecht. Längst ist das "Grüne Klassenzimmer" als außerschulischer Lernort zu einem festen Unterrichtsbestandteil für Schulen und Kindergärten geworden. Dabei wird es nicht nur von Wernigeröder Kindern genutzt. Das "Grüne Klassenzimmer" hat sich auch überregional einen Namen gemacht. Die breite Angebotspalette orientiert sich an den Lehrplänen der Schulen und an den naturräumlichen Gegebenheiten des Bürgerparks. So werden die Teilnehmer beispielsweise durch selbständiges Entdecken und Bestimmen von Pflanzen und Tieren auf verschiedenen Flächen für den Lebensraum Wiese sensibilisiert. Oder sie sammeln während eines Rundgangs im Bürgerpark verschiedene Kräuter, erfahren etwas über ihre Verwendungsmöglichkeiten und stellen Bonbons oder Getränke daraus her. Bevor die Teilnehmer auf das Gelände des Bürgerparks ausschwärmen, erhalten sie in einem extra dafür zur Verfügung stehenden Gewächshaus eine theoretische Einführung. Zwei Museumspädagoginnen sind für die Angebote zuständig. Sie kümmern sich jährlich vom 1. April bis zum 30. September um Organisation und Durchführung, betreuen die Kinder vor Ort.
Informationen: www.wernigerode.de
Jugendwaldheim „Lindenberg“ Blankenburg
Am westlichen Orts rand der Stadt Blankenburg be findet sich das Jugendwaldheim "Lindenberg". Es besteht seit 1991. Schwerpunkt der Arbeit sind die Wald einsätze für Jugend liche ab 14 Jahren, bei denen die Teilnehmer vormittags arbeiten und nachmittags verschiedenen Freizeitbeschäftigungen nachgehen. Mit dem Projekt "Harzluchse" wurde ein Angebot für Kinder sowohl im Vorschulalter als auch im Grundschulalter entwickelt. Mit diesem Ganzjahresprojekt wird zum Kennenlernen und Verstehen des Lebensraumes Wald eingeladen. Die Kindereinrichtungen können aus einer breiten Angebotspalette von Themen auswählen. Und so gibt es, je nach Jahreszeit, Projekte zu den Themen Wald, Holz, Tiere, Hege oder Wasser. Einige Kindergruppen besuchen mehrmals im Jahr ein kleines, festgelegtes Waldgebiet um dort die Veränderungen im Jahresverlauf zu beobachten. Dabei kommt es auch vor, dass die Kinder den Müll beseitigen, den uneinsichtige Zeitgenossen dort einfach achtlos liegenlassen. Alle angebotenen Themen sind Anregungen, die in Absprache auch modifiziert werden können. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendwaldheims, zertifizierte Waldpädagogen, sind gemeinsame Planung und Nachbereitung der Aktionen wichtig. Schließlich soll auf die Bedürfnisse und Interessen der Kinder eingegangen werden. Kindertagesstätten aus Blankenburg und Umgebung nutzen regelmäßig diese Angebote. Für Schulen werden auch Jugendwaldspiele angeboten. Im Jahr 2011 ist die Eröffnung eines Schulwaldes geplant, der dann ständig genutzt werden kann. Für die pädagogische Arbeit steht ein Team von sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung.
Informationen: jwh-lindenberg@gmx.de
Ökologiestation Sangerhausen
Die Ökologiestation existiert seit 1992, und bezog 2007 ihr Domizil in der Nähe des Euro pa- Rosariums Sangerhausen. Hervorgegangen ist sie aus einer Station "Junger Techniker und Naturforscher" der DDR. Kinder und Jugend liche für die Natur zu sensibilisieren, ihnen Wissen über Zusammenhänge zu vermitteln und ihnen Möglichkeiten zum Tätigwerden zu geben - das sind die Grundlagen der Arbeit der Ökologiestation. Gruppen- und Freizeitangebote, Projekte und Öffentlichkeitsarbeit sind die vier Schwerpunkte der Vereinsarbeit. Regelmäßig nutzen Kinder und Jugendliche die Einrichtung und erfahren dabei beispielsweise, warum der Wasserläufer auf dem Wasser laufen kann oder wie Insekten sehen. Der Verein führt selbst kleinere und größere Naturschutzprojekte durch, von Bestandsüberwachungen der Bachmuschel im Flussgebiet der Helme bis zur Nistkastenpflege auf dem Friedhof Sangerhausen. Außerdem bietet die Ökologiestation Umweltprojektberatung für andere gemeinnützige Einrichtungen an. Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen stehen sehr gut ausgestattete Räume zur Verfügung. Natürlich finden auch viele Thementage an Orten außerhalb des Gebäudes statt. Im Jahr 2010 gab es 170 Veranstaltungen - eine unglaubliche Leistung der zwei Beschäftigten des Vereins. Zeitweise gelingt es, über FÖJ oder Beschäftigungsmaßnahmen weiteres Personal einzusetzen. Durch Kooperation mit anderen Vereinen und Einrichtungen ist die Ökologiestation in ein stabiles Netzwerk eingebunden.
Informationen: www.oekostation-sgh.de
Kindertagesstätte Gröperstraße Halberstadt
Zentrumsnah in Halberstadt befindet sich die evangelische Kindertagesstätte Gröperstraße. Sie ist eine Einrichtung des Dia ko nissen-Mutterhauses Cecilienstift. Seit Anfang 2008 ist die Waldpädagogik fester Bestandteil der pädagogischen Arbeit der Kindertagesstätte. Einmal wöchentlich erkunden die Kinder bei jedem Wetter die Natur im Wald am südlichen Rand der Kreisstadt des Landkreises Harz. Sinnes- und Waldspiele geben Impulse und wecken die Neugier. Die Kinder entwickeln eigene Ideen und Interessen. Abläufe in der Natur werden durch Langzeitbeobachtungen veranschaulicht. So entdeckten die Kinder einen Ameisenhaufen, der gerade im Aufbau war. Sie beobachteten, wie die Ameisen auf ihrer Ameisenstraße Baumaterial heranschafften. Im Laufe des Sommers ging die Waldgruppe mehrmals dorthin, um das Wachsen des Ameisenhaufens zu verfolgen. Beim Spielen im Wald probieren sich die Kinder aus. Mutig erklimmen sie Bäume, wagen sich in dunkle Höhlen oder bauen gemeinsam Hütten aus trockenen Ästen. Sie entdecken und beobachten Tiere und Pflanzen. Der Wald ist für sie ein weitläufiger und abwechslungsreicher Erlebnisraum. Er ist zugleich Baustelle, Experimentierfeld und Biologiekabinett in einem. Während des Waldtages werden die Kinder von Erzieherinnen und oftmals auch von Eltern oder Großeltern betreut. Kontakte hat die Kindertagesstätte zu Waldpädagogen und zum Jugendwaldheim Blankenburg, dessen Angebote gelegentlich genutzt werden. In der Kindertagesstätte werden momentan 64 Kinder von sechs Erzieherinnen betreut.
Informationen: www.cecilienstift.de
Text: Christiane Linke